In diesem Artikel erfährst du, wie die Elastizität deiner Faszien als Bindeglied zwischen deinen Muskeln, deinen Sehnen, deiner Haut ganz direkt von deiner Körperhaltung abhängig ist, die wiederum stark mit deinen Emotionen verknüpft ist. Negative Spiralen können so entstehen. Aber es gibt auch Auswege.
Emotionen und Faszien – Ein Bodydialog
Wie hängen unsere Emotionen mit unserer Körperhaltung zusammen? Wie kann ich mir selbst helfen, wenn ich eine Wirbelblockade habe, wie kann ich mit Schmerzen umgehen und wollen sie mir was sagen? Was ist die beste Art mich zu bewegen? Und wie kann ich vorbeugen?
Vielleicht kennst du diese Fragen? Mich begleiten sie schon mein Leben lang. Aufgrund eigener Erfahrungen mit Schmerz: Bei meiner Geburt bin ich mit einer sehr ausgeprägten Skoliose (Wirbelsäulenkrümmung) auf die Welt gekommen, wodurch mein Körper seit jeher viel Aufmerksamkeit braucht. Sehr früh lautete die ärztliche Diagnose: „Sie wird als Jugendliche einen Buckel haben und mit 40 am Stock gehen.“ Heute bin ich 48 und habe weder das Eine, noch benötige ich das Andere. Mit Schmerzen kenne ich mich allerdings gut aus. Ich habe gelernt mit meinem Körper zu sprechen, aber vor allem ihm zuzuhören. Wo früher Blockaden und Schmerzen bis hin zur Unbeweglichkeit meine Flexibilität einschränkten, erkenne ich die Warnsignale heute meistens vorzeitig und kann mich mit Achtsamkeit, gezielten Übungen und fasziale Dehnungen versorgen und gesund erhalten.
Faszien sind Gewebeschichten, die unseren Körpern seine innere und äußere Form geben. Sie umhüllen den Körper als Ganzes, sie umhüllen aber auch alle seine Teile, die Muskeln, Sehnen und Knochen ebenso wie Organe, die Gefäße und die Nerven, sogar das Gehirn und das Rückenmark. Sie geben uns Halt und unsere Form. Sie sind für den Stoffwechsel zuständig, für das Abtransportieren von Schlacken. Sind sie elastisch und wässrig, ohne Verklebungen fühlen wir uns gut, frei, lebendig und nach außen hin strahlen wir.
Ohne das fasziale Netzwerk würden wir einfach zusammenfallen. Neben Bewegungsimpulsen reagieren sie aber auch auf Schwingungen, auf Emotionen, Gefühle, Sinneseindrücke und Gedanken.
Und die Faszien sind der Außenposten unseres autonomen Nervensystems. Und dadurch reagieren sie auf Reize von Innen und von außen.
Unsere Emotionen manifestieren sich in unseren Faszien. Wie kann man das verstehen?
In den Faszien befinden sich 90 % unserer Nervenzellen. Das Gehirn reagiert auf Sinneseindrücke über den Körper. Bestimmte Bewegungen rufen also bestimmte Reaktionen im Nervensystem hervor. Das heißt, eine Tonusveränderung unserer Muskeln beeinflusst direkt den ganzen Körper. Wird nun immer wieder (z.B. durch Stress, Unfall etc..) der gleiche Muskeltonus hervorgerufen, manifestiert sich dies im Gehirn; die sogenannten Gehirnkarten speichern ihn ab und beeinflussen von hier aus Bewegungsmuster und die Körperhaltung.
Gleichermaßen verhält es sich auch mit unserer Gemütshaltung. Jedes Gefühl beeinflusst die Muskulatur ebenso wie die Haltung. Ärger beispielsweise zeigt sich in geballten Fäusten und zusammengebissenen Zähnen. Furcht in gestrafften Beuge – und Bauchmuskeln und angehaltenem Atem. Freude drückt sich in leichten Gliedmaßen und einem kreativen Geist aus. Gedanken beeinflussen immer auch das Gewebe im Körper und formen es.
Der Formprozess setzt alle unsere Fähigkeiten ein und integriert sie: Nachahmung, Verlangen, Gefühl, analytische Fähigkeit, Vorstellungskraft, Erinnern und Entwerfen. Die wichtigste Frage, die wir uns stellen können, ist nicht die Frage nach dem WARUM, sondern nach dem: „WIE mache ich es“.
Auf dein Leben übertragen bedeutet es: Nimm an was dir geschieht, und entscheide dich wie du darauf reagierst! Und dann konzentriere dich auf das, was du willst und nicht auf das was du nicht willst.
Jede Emotion hat eine körperliche und organische Zuordnung, wenn sie nicht ausgedrückt wird. Aufgrund verschiedener Gemütszustände reagiert allerdings jeder anders auf unterdrückte Emotionen. Fakt ist aber: Wir MÜSSEN Emotionen ausdrücken, sonst werden wir krank. Gelingt uns das nicht gut, mangelt es uns an Vergegenwärtigung der Emotionen, das heißt, das körperliche Empfinden kann nicht oder kaum mit einem mentalen Zustand in Verbindung gebracht werden. Das können wir jedoch lernen und hier kommen die Faszien ins Spiel. Wir müssen wieder lernen zu spüren und zu fühlen.
Unser Erscheinungsbild und unsere Körperform und – aufrichtung erzählen eine emotionale Geschichte von unseren Bindungen und Trennungen, von Nähe und Distanz, Annahme und Zurückweisung. Unsere Gestalt spiegelt die Art unserer individuellen Probleme und wie diese auf unseren Organismus wirken. Das Gefühl unseres Selbst ist eine Begleiterscheinung des Zellstoffwechsels und des Gewebetonus, es ist im Gehirn als unsere Art zu funktionieren festgeschrieben. Auf diese Weise hat die Gestalt unseres Gewebes an der Bestimmung eigener Empfindungen und Gefühle teil. Lernen wir also unsere Empfindungen zu steuern und auszudrücken, denn hinter jeder unnatürlichen Haltung steckt eine zurückgehaltene Emotion, ein nicht verkörpertes Gefühl.
Eine Emotion ist eine körperliche Verfassung mit einem programmierten muskulären Ausdrucksmuster. Emotionen lassen uns auf die Welt zu und wieder zu uns zurückgehen.
Faszien sind wie Wasser und reagieren auf den Muskeltonus und Reflexe. Wenn wir uns erschrecken, lässt es das Gewebe in uns erstarren und verhärten. Liebe und Tränen machen weich und flüssig. Wenn Emotionen aufsteigen, verhalten wir uns bildlich gesprochen wie die Flut oder ein eisiger Strom. Unser Körper mit seiner individuellen Anatomie durchlebt dynamische, bewegende und emotionale Prozesse und speichert diese ab.
Durch unterdrückte Emotionen verzerren wir unser Gewebe und wenn dieser Zustand zu lange anhält und unser Gewebe dadurch irritiert ist, bekommt es Probleme und kann Veränderungen durchlaufen, die wir dann „Krankheit“ nennen.
Was kann ich tun, wenn ich mich immer so gestresst fühle?
Stress ist erstmal nur eine Form von Erregung. Wir brauchen diese Erregung um aktiv zu werden, das heißt, um uns zum Handeln anzuregen. Findet jedoch keine Entspannung statt, weil wir keinen Weg finden uns auszudrücken, leiden wir. Lerne die Aufmerksamkeit auf dich zu lenken und darauf, WIE du dich mit dem, was dich stresst verbindest, WIE du dich auf andere beziehst, WIE du diesen Antrieb nutzt, WIE du sie hemmen kannst.
Nichts in unserem Körper geschieht rein zufällig. Wir sind nicht falsch gemacht. Es geht nur immer wieder darum an dem Dialog mit dem Körper teilzunehmen. Es geht darum zuzuhören. Unser Körper zeigt uns den Weg zu den verborgenen Emotionen.
Bewege dich so wie es der Körper für dich vorgesehen hat.
Nutze deine Gelenke: Bewege dich abwechslungsreich!
Nutze deine Beine, um dich zu tragen: Laufe!
Deine Arme, um zu umarmen und um zu greifen: Öffne sie und strecke sie in den Himmel! Nutze deine Augen, um weit zu schauen: Wechsle deine Perspektive!
Nutze deinen Rücken, um dich aufzurichten – Zeig dich in deiner Größe – und anzulehnen: Gib dich hin!
Und nutze deine Emotionen: fühle!
Der Weg in den Dialog mit dem Körper ist ein Weg, der auf hoher Achtsamkeit beruht, der das Fühlen genauso beinhaltet wie die Vorstellungskraft und Visualisierung mit viel Sanftheit, mit Selbstliebe und mit Hingabe für sich selbst.